Team Praxis Willy Brandt Straße 03 Halle Roger Barz

10 Jahre Zahngesundheit Halle – Wie alles begann…

Die Übernahme einer Zahnarztpraxis

Kapitel 1 erzählt von Zahnarzt Roger Barz

Die Geschichte der Praxis Zahngesundheit Halle beginnt eigentlich an einem anderen Ort zu einer anderen Zeit. Sie beginnt mit einer seltsamen Nacht & Nebel Aktion, einer großen Enttäuschung und einem wochenlangen Versteckspiel… aber jetzt der Reihe nach. Bis es soweit kommen konnte, gab es erstmal eine schwierige Hürde zu nehmen.

Roger Barz vor Praxisgründung 2005 in Oregon

Mangelwirtschaft

Damals, im Jahr 2005, dufte man nicht so einfach eine Praxis eröffnen. Zulassungsbeschränkung lautete die schier unüberwindliche Hürde. In einem mit Zahnärzten überversorgten Gebiet, und das war Halle schon immer gewesen, untersagte es die Kassenzahnärztlichen Vereinigung, dass neue Praxen gegründet werden.

Jedes Jahr dagegen entließ die Martin Luther Universität 20 bis 30 junge Zahnmediziner, die sich alle natürlich gern in der Stadt an der Saale niederlassen wollten. Doch das Becken war voll, randvoll sogar. Also musste man warten. Warten bis der ein oder andere Berufskollege endlich in Rente gehen wollte. Ein Geduldsspiel ohnegleichen, das dann in eine Art Casting-Show ausuferte. Der Preis für eine Praxis spielte damals keine so große Rolle, überhaupt eine Praxis zu bekommen war entscheidend. Auf jede Praxisabgabe kamen bis vier oder fünf Bewerber.

Hier gibt es wohl nichts zu holen

Zweimal schon hatte ich bei der Praxisvergabe das Nachsehen. Den Zuschlag bekamen immer die Anderen. Also machte ich mir auch diesmal nicht all zu große Hoffnungen, als ich kurz vor Ostern 2005 im Büro von Dr. Prescher in der damaligen Phillip-Müller-Straße saß und er mir gleich zu Beginn des Gespräches eröffnete, dass er absolut überrascht sei, dass sich so viele junge Kollegen auf seine Praxis beworben hätten. Aber er hätte zum Glück die Wahl auf drei Kandidaten einschränken können und ich wäre nun einer davon.

Praxis damalige Philipp-Müller-Straße 03

 

Okay, dachte ich, auch hier gibt es wohl für dich nichts zu holen. Ein Zahnmediziner, der seit über 10 Jahre von der Uni weg ist, in der Zwischenzeit zwar seine Assistenzzeit erfolgreich beendet hatte, aber ansonsten nur Rock’n’Roll-Konzerte veranstaltet hat, wird nun nicht wirklich der absolute Wunschkandidat sein. Ernüchtert spulte ich meinen üblichen Bewerbungstext runter und war nach 10 Minuten wieder draußen. Erledigt der Fall. Im Grunde hatte ich auch diese Praxis schon für mich abgeschrieben. Doch ich sollte mich getäuscht haben.

Alte Rezeption Praxis Dr. Prescher

Wie ein Fünfer im Lotto

Mehr als ein Monat verging. Ich dachte schon längst nicht mehr an die Praxis am Rannischen Platz, da kam plötzlich der Anruf von meinem Praxisvermittler. „Ob ich wohl noch immer Interesse an einer Übernahme hätte? Dr. Prescher würde sich gern mit mir zur Vertragsunterzeichnung treffen und das möglichst bald.“ Mehr als verwundert konnte ich in diesem Augenblick mein Glück kaum fassen. Der krasse Außenseiter bekommt den Pokal? Wie schräg ist das denn!

Altes Wartezimmer Praxis Dr. Prescher

Ein perfekter Tag

Später habe ich Dr. Prescher mal gefragt, warum die Wahl gerade auf mich gefallen ist. Ich war doch eigentlich chancenlos. Er antwortete mir darauf: „Nach über 40 Berufsjahren habe ich überhaupt keine Lust auf irgendwelchen Übergabestress. Sie machten auf mich den überaus entspanntesten Eindruck, während all die anderen Bewerber so schrecklich überambitioniert daher kamen, so dass meine Entscheidung schon sehr früh feststand.“ – Prima, dachte ich, wieder was gelernt. Manchmal zahlt es sich doch aus, wenn man sich mal nicht so heftig ins Zeugs legt.

Altes Foyer Praxis Dr. Prescher

 

Am 06. Juni 2005 kam es dann zur Vertragsunterzeichnung. Die Tinte war kaum trocken unter dem Papier, da lief draußen schon der Motor und ich stieg zu guten Freunden ins Auto. Es brachte uns zum Konzert nach Hannover zu einen meiner absoluten Helden: van Morrison. Während „van the man“ wie immer zum Schluss seines Konzertes „…No Guru, No Methode No Teacher“ von der Bühne schmetterte, befand ich mich auf Wolke 7. Genau! No Guru! Ich war jetzt endlich mein eigener Chef. Was für ein Tag!

Bei Nacht & Nebel

Ich blieb natürlich bei meiner bewährten Strategie: Immer schön umambitioniert bleiben! Schließlich wollte ich die Übergabe der Praxis nicht noch auf dem letzten Meter gefährden. Also bis kurz vor den 31. Dezember, dem Tag der Übergabe, Füße still halten und absolute Funkstille. Wir trafen uns frühmorgens um 7:00 Uhr. Es war noch dunkel. Der Moment hatte nichts Feierliches oder Sentimentales an sich.

Außenansicht Phillip-Müller-Straße 03

 

Dr. Prescher übergab mir die Praxis wie einen dreckigen Mietwagen mit leerem Tank. Noch kurz den Hauptschalter der Praxis im Keller zeigen, hier sind Schlüsselbund und Bestellbuch, ein kurzer Handschlag und dann verschwand er für immer durch die Tür, ohne sich umzublicken und wart ab da nie wieder gesehen.

Der frischgebackene Praxisbesitzer – Roger Barz

 

Ich dagegen musste mich erstmal setzen. Das Schlüsselbund in der Hand, mein Bestellbuch auf dem Schoß blickte ich mich um. Okay, das ist also jetzt meine Praxis. Meine berufliche Bestimmung für die nächsten Jahrzehnte… bis zur Rente. Gespannt öffnete ich das rote Bestellbuch und traute meinen Augen nicht. Habe ich denn einen so umambitionierten Eindruck auf ihn gemacht?! Ich konnte nicht glauben, was ich dort sah.

Das Ur-Team der Praxis: Schwester Juliane, Andrea und Cindy sowie Roger Barz (v.l.n.r.)

Schreck lass nach!

Das gesamte Bestellbuch war leer. Zeile für Zeile, Tag für Tag. Erst am 24. Februar 2006, also knapp zwei Monate später, konnte ich den ersten und einzigen Eintrag entdecken: eine läppische Kontrolluntersuchung. Na vielen Dank auch! Was nur hatte ich dem Mann angetan? Ich war doch immer so schön brav umambitioniert. Und warum lässt er mich so hängen? Wie soll ich denn hier mein Geld verdienen? Hatte ich vielleicht eine Praxis ohne Patienten gekauft?

Leeres Wartezimmer in der neugestalteten Praxis

 

Doch schon die ersten Tage in der Praxis sollten mir zeigen, dass es sehr wohl eine Menge zu tun gab und das hatte mit der eigentlichen Patientenbehandlung sehr wenig gemein.

Unsere neue Rezeption

Kommen und Gehen

Montag, 02. Januar 2006 – Praxiseröffnung. Es dauerte keine 10 Minuten und die erste Patienten trudelten gemächlich ein. Allesamt Rentner. Geduldig nahm man im Wartezimmer Platz, blätterte in einer abgegriffenen Apotheken Rundschau oder Rätselheft und wartete beharrlich, bis der Doktor endlich Zeit hatte.
Wie jetzt, kommen die alle wie sie wollen? Ohne Voranmeldung? – Ich konnte es nicht glauben, dass es sowas noch gibt. Eine Zahnarztpraxis wie ein Milchladen. Jeder kommt vorbei, einfach wie er Lust und Laune hat. Nein Danke, so wollte ich nicht arbeiten! Das muss sich ändern!

Praxisausflug nach Naumburg

Nichts zu tun und trotzdem keine Termine

Die nächsten Wochen bestanden im Grunde darin, dass ich mich in meinem neuen Behandlungszimmer verbarrikadierte und die einzige Aufgabe der Schwestern war es, den Patienten mit besorgter Miene mitzuteilen, dass der Doktor gerade schwer beschäftigt sei und es heute mit einem Termin ganz schlecht, aber wirklich ganz schlecht aussieht. Der frühestmögliche Termin wäre dann erst wieder in drei Wochen. Rufen sie doch bitte vorher an, dann finden wir schon irgendwie eine Lücke.

Leeres Sprechzimmer von Zahnarzt Barz

 

So ging das Woche um Woche. Rentner können manchmal sehr geduldig sein. Doch nach knapp drei Monaten hatten wir es irgendwie geschafft: Es klingelte erst das Telefon und dann die Tür. Hurra, ein erster Sieg! Wir waren ab jetzt endlich eine Bestellpraxis.

Treten Sie ein… aber mit Anmeldung bitte!

Bitte keine Werbung!

Drei Monate und nichts zu tun. Verdammt viel Zeit, um sich über seine neue Praxis ein paar ernsthafte Gedanken zu machen. Promotion? Marketing? Das waren damals für Zahnarztpraxen nicht nur Fremdbegriffe, es war sogar regelrecht verboten. Im Leben eines Zahnarztes gab es zur damaligen Zeit exakt zweimal die Gelegenheit, eine Anzeige zu schalten. Dann, wenn er seine Praxis eröffnet und dann, wenn er sie schließt. Dazwischen können schon einmal bis zu 40 Jahre vergehen.

Unser neues Patienten-WC

 

Für jemanden aus der Rock’n’Roll-Branche ein absolutes Unding. Also schaltete ich brav meine erste Anzeige in der „Mitteldeutschen Zeitung“ und hoffte auf eine glückliche Wendung. Diese sollte kommen, aber anders als ich dachte. Denn kurz nach dem Erscheinen der Anzeige, klingelte plötzlich das Telefon.

Klatsch & Tratsch

„Detlef Färber hier, von der Mitteldeutschen.“ Ach, dachte ich, die alten Seilschaften aus der Konzertbranche. Haben sie dich scheinbar nicht ganz vergessen.„Ich sehe gerade deine Anzeige bei uns. Mensch Roger! Ich wusste ja gar nicht, dass du eigentlich Zahnarzt bist. Da müssen wir unbedingt was Schönes machen. Morgen kommt der Fotograf.“

Der Artikel in der MZ

 

Prompt am Tag darauf erschien ein zwar etwas albernes Foto, aber dafür bestens platziert mit kurzem Text in der Klatsch & Tratsch Spalte der Stadt. Zwar spülte mir diese kleine Notiz nicht unbedingt ein Heer an Neupatienten in die Praxis, aber sie war die Lösung all meiner momentanen Probleme, denn eine Kollegin meldet sich daraufhin.

Kinderzahnärztin Frau Dr. Mayer

Zu mutig?

Frau Dr. Mayer war zur dieser Zeit eine angestellte Zahnärztin in Halle und nicht sonderlich glücklich dabei. Sie wollte gern mehr Kinder behandeln und das ausschließlich. Da ich wohl diesmal auf dem Foto einen recht ambitionierten Eindruck gemacht haben musste, schien ich wohl für sie jemand zu sein, der ihr Anliegen irgendwie verstehen konnte.

Praxisausflug Blue Man Group nach Berlin

 

Und wie ich es verstand. Ich hatte ein Wartezimmer voller Rentner, kaum Zulauf von Neupatienten und keine wirkliche Idee, wie sich dieser Zustand in absehbarer Zeit irgendwie ändern ließe. Da waren Kinder mit ihren jungen Müttern und Vätern der Ausweg.

Nach wenigen Gesprächen kamen wir überein, dass die Phillip-Müller-Straße 3 die erste Praxis in Halle sein wird, die über eine Sprechstunde verfügt, in der ausschließlich nur Kinder behandelt werden. Ohne Wenn und Aber. Das war mutig.

Viel Glück dabei!

Als ich schließlich Kollegen von meiner Idee erzählte, erntete ich nur ein verständnisloses Kopfschütteln: „Wie jetzt? Nur Kinder? Und damit willst Du Geld verdienen? Kann ich mir nicht vorstellen. Na dann, viel Glück dabei…“

Narkose-Tag in der Kindersprechstunde

 

Zum allgemeinen Verständnis: Wir reden hier vom Jahr 2006. Heute, spätestens seit 2012, kommt keine größere Praxisgemeinschaft mehr ohne eine spezielle Kinderabteilung klar. Wir waren verdammt früh dran, aber nicht zu früh. Plötzlich klingelte das Telefon ohne Unterlass. Patienten strömten in die Praxis, das Bestellbuch platzte aus allen Nähten, mehr Personal und angestellte Zahnärzte mussten verpflichtet werden und die alten Räumlichkeiten brauchten unbedingt ein neues Konzept. Es muss renoviert werden und zwar sofort!

Wie Wasser aus der Wand

Im Juni wurde geplant und im August 2006 schließlich ging es dann los. Keine Kompromisse! Alles, wirklich alles wurde rausgerissen. Runter bis auf die Grundmauern. Das Konzept stand. Eine schicke Praxis für die ganze Familie, mit möglichst optimalen Arbeitsmöglichkeiten für eine Kinderzahnärztin.

Behandlungszimmer für die Kindersprechstunde

 

Dazu gehörte auch die erste zahnärztliche Lachgaseinrichtung der Stadt und die Möglichkeit, in Narkose zu operieren. Ideen, die ich bei meinen Praxishospitationen aus den USA mitbrachte, denn hier gehört die Lachgasbehandlung zum Alltag wie das Zähneziehen und das Gas strömt dort wie Wasser aus der Wand.
Für mich gab es jetzt nichts mehr zu tun. Während die Abrissfirma die Türen aus den Wänden hämmerte, fuhr ich in den Urlaub. Ab nach Oregon und ab nach Kalifornien!

Urlaub 2006 in Oregon

Ich bin hier fertig

Im September 2006 dann die feierliche Eröffnung. Wir haben fertig! Das Grundprinzip der Praxis existiert noch heute so. Nur ein paar zusätzliche Räumlichkeiten mussten auf Grund des steten Wachstums angemietet werden. Es war nahezu perfekt. Und es war für mich schon irgendwie zu fertig. In diesem Augenblick ging mein Herz schon wieder auf Wanderschaft. Zu dunkel, zu verwinkelt, zu eng. Das war hier nicht wirklich mehr meine Praxis. Bereits im Winter 2006 wurde die Idee zu einer neuen Praxis geboren und sie sollte einen ganz besonderen Namen tragen: Zahngesundheit Halle.

Das nächste Kapitel folgt: 10 Jahre Zahngesundheit Halle – Eine neue Praxis wird gegründet

Fotos: Hartmut Friedrich, Detlef Färber & Roger Barz