Wenn ganz gewöhnliche Arzneimittel plötzlich nicht mehr da sind.
Ein Lieferengpass wird zum Problem.
Das passiert jetzt öfter. Endlich ist die Lieferung da, doch beim Auspacken schaut die Schwester plötzlich verdutzt in den Karton. Verflixt, hier fehlen doch noch die Ampullen für die Betäubungsspritze! Aber die Box ist leer.
Beim Blick auf den beigefügten Lieferschein entdeckt sie dann immer häufiger einen kleinen und sehr unscheinbaren Vermerk: …„lieferbar in 3 bis 4 Wochen“. …
Lieferbar erst in einem Monat! Wie soll das denn gehen? Im Kühlschrank ist noch eine angerissene Packung. Das reicht vielleicht für die restliche Woche. Dann ist aber Schluss!
Eine Zahnbehandlung ohne Betäubung?
Das möchte kein Zahnarzt seinen Patienten zumuten. Deswegen erreichen uns immer häufiger fast schon verzweifelte Anrufe von anderen Zahnarztpraxen, denen das wertvolle Anästhetikum ausgegangen ist. Kein Problem, unter Kollegen hilft man sich natürlich gern.
Plötzlich wird eine Ampulle fast mit Gold aufgewogen. Es betrifft oftmals ganz gewöhnliche Standartpräparate, wie das „Ultracain DS forte“, welches von vielen Zahnärzten besonders gern verwendet wird. Was früher selbstverständlich war, wird jetzt zum Problem. Doch woran liegt das? Und muss ich jetzt befürchten, dass mein Zahnarzt ohne Spritze bohrt? Hier kommen die Antworten.
Warum werden die Medikamente knapp?
Gerade bei den Klassikern unter den Arzneimitteln, wie eben auch bestimmte Anästhetika, handelt es sich oftmals um sogenannte Generika, also Medikamente, deren Patentschutz bereits abgelaufen ist und deswegen von vielen Herstellern günstig produziert werden können.
Das mindert natürlich die Gewinnmargen der Pharmafirmen. Wenn der Preis im Keller ist, muss halt an den Kosten gespart werden.
Die multinational agierenden Konzerne bündeln somit zunehmend die Erzeugung auf eine einzige Produktionsanlage. Diese steht dann irgendwo in China oder Indien und immer weniger in Europa.
Somit versuchen sie effizient, einen weltweiten Bedarf zu decken. Lagerbestände werden künstlich verknappt und Reserven kaum aufgebaut.
Kommt es dann unvermittelt zu Produktionsausfällen, weil vielleicht eine pharmazeutische Maschine verunreinigt ist, sind die Vorräte schnell aufgebraucht.
Bis dann ein Containerschiff die neue Lieferung von Shanghai nach Hamburg transportiert hat, können schon mal locker vier Wochen vergehen. Bis dahin ist dann erstmal empty.
Was bedeutet das für meinen Zahnarztbesuch?
Bereits im Mai letzten Jahres berichtete das Magazin „Focus“ von Lieferschwierigkeiten gerade bei lokalen Betäubungsmitteln. Plötzlich waren Ärzte gezwungen, selbst bei kleinen lokalen Eingriffe, eine komplette Narkose anordnen zu müssen.
Jetzt wird der ein oder andere Angstpatient sicherlich innerlich jubeln: Hurra, jede Zahnarztbehandlung ab sofort in Narkose!
Doch soweit wird es nicht kommen. Patienten müssen auch nicht zwangsläufig ohne eine Lokalanästhesie behandelt werden.
Im Gegensatz zu vielen anderen Medikamenten, wie sie besonders in der Krebstherapie angewendet werden, gibt es hier nicht ausschließlich nur ein spezielles Präparat, welches auch nur von einem Hersteller produziert wird.
Den bösen Zahn taub zu bekommen, geht auch mit verschiedenen Wirkstoffen. Hier muss dann der Zahnarzt ein bisschen flexibel sein und auf sein bewährtes Mittelchen verzichten. Sie können also entspannt bleiben.
Fotos: Roger Barz, Marco Warmuth, Fotolia & Pixabay