Krankenkasse zahlt mehr für Zahnersatz im kommenden Jahr
Das fängt ja echt super an!
Diese Nachricht liest sich toll: Ab dem Monat Oktober 2020 erhöhen sich die Zuwendungen der gesetzlichen Krankenkassen von 50 auf 60 Prozent bei der regulären Versorgung mit Zahnersatz.
Kurzum, es gibt mehr Geld von der Kasse, falls Sie eine Krone, Brücke oder auch Vollprothese benötigen.
Auch wer immer fleißig beim Zahnarzt war und die jährliche Vorsorgeuntersuchung nicht versäumt hat, bekommt bald mehr Geld für seine neuen Zähne. Das gute alte Bonusheft wird somit immer wertvoller.
Hier steigen die Zuwendungen der Krankenkasse deutlich. Wer 5 Jahre ununterbrochen seinen Kontrollbesuch absolviert hat, darf sich über einen Zuschuss von 70 Prozent freuen. Ganze 75% gibt es, wer lückenlos 10 Jahre brav seinen Stempel beim Zahnarzt abgeholt hat. Glückwunsch!
Nichts ist, wie es scheint
Doch trotzdem ist das nicht unbedingt Grund für Patienten, jetzt in Jubelstürme zu verfallen. Diese Änderungen holen nur nach, was die Versicherungsnehmer in den letzten Jahren sowieso schon mehr bezahlt haben. Oder anders ausgedrückt: Die erhöhten Zuwendungen sind bereits längst eingepreist. Kein Patient hat plötzlich wesentlich mehr Geld in der Tasche, wenn er dringend Zahnersatz benötigt. Das ist leider die traurige Realität.
Der Preis ist heiß!
Doch woran liegt das? Nachdem die Preise für zahntechnische Laborleistungen im letzten Jahr schon um 2 Prozent gestiegen sind, erhöhen sie sich für den Patienten in 2020 noch mal um 3 Prozent. Das macht eine Preissteigerung von 5 Prozent in den letzten zwei Jahren aus. Peanuts?
Keineswegs, wenn man berücksichtigt, dass bei der Anfertigung von Zahnersatz mehr als die Hälfte der Aufwendungen für die Zahntechnik benötigt werden.
Auch die Kosten für die zahnmedizinische Behandlung steigen ab Januar 2020. Hier fallen für den Patienten 3 Prozent höhere Ausgaben beim Zahnarztbesuch an.
Rechnet man das bei einem Blick auf den Heil- und Kostenplan fix durch, dann wird man leider zu einem traurigen Resultat kommen.
Die so großzügig gemeinte Entlastung, die auch erst ab Oktober 2020 in Kraft tritt, ist bereits von den Kostensteigerungen in den letzten und auch künftigen Jahren nahezu aufgebraucht.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass immer mehr Patienten über eine Zahnzusatzversicherung nachdenken müssen. Wer zahlt schon gern freiwillig drauf?!
Den Gürtel enger schnallen?
Und auch demnächst gibt es noch weniger Grund zur Freude. Der Zusatzbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung wird in diesem Jahr um 0,2 Prozent auf 1,1 Prozent angehoben. Das hat das Bundesgesundheitsministerium bereits im Oktober 2019 bekannt gegeben.
Auch gibt es Einschränkungen im Leistungskatalog. Gestrichen wurden zum Beispiel die Erstattungen für homöopathische Behandlungen. Dafür ist das Fettabsaugen neuerdings eine Krankenkassenleistung.
Trotzdem können diätgeplagte Zeitgenossen nicht unbedingt aufatmen.
Für eine Kostenübernahme durch die Krankenkassen gelten hier sehr strenge Regeln.
Mehr Sport und weniger Zucker, das wird auch in 2020 der Schlüssel für ein gutes Gewicht bleiben. Also tapfer durchhalten!
Steigen nun doch die Krankenkassenbeiträge?
Trotz aktueller Rekordeinnahmen, denn noch nie haben so viele Versicherungsnehmer in das bestehende System eingezahlt, schließen die gesetzlichen Krankenkassen das Jahr mit einem Verlust ab. „Das Defizit für 2019 wird über eine Milliarde Euro betragen“, sagte Doris Pfeiffer, Vorstandschefin des Verbands der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).
2018 wurde nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums noch ein Überschuss von zwei Milliarden Euro erzielt.
Grund für dieses Defizit sei die Bevölkerungsentwicklung, da der Anteil älterer Menschen, die eher Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen, stetig wächst.
Auch die neuen Gesetze der Bundesregierung tun ihr übriges. „Allein durch das Terminservicegesetz und das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz kommen auf die Krankenkassen im nächsten Jahr rund fünf Milliarden Euro an Mehrausgaben zu.“, teilte Pfeiffer mit.
Andere, wie zum Beispiel die „Süddeutsche Zeitung“, der Münchner „Merkur“ oder die „Neue Zürcher Zeitung“ sehen in der aktuellen Zuwanderungspolitik der Bundesregierung einen wesentlichen Faktor, der zum Minus in der Bilanz der gesetzlichen Krankenkassen geführt hat.
Schon rufen in Berlin einige Politiker nach einer Erhöhung der Krankenkassenbeiträgen.
Im Grunde völlig unnötig, sind doch die Konten der Versicherer prall gefüllt. Ihre Finanzreserven beliefen sich Ende September 2019 auf rund 20,6 Milliarden Euro.
Für 2020 wird noch Entwarnung gegeben, aber für die darauffolgenden Jahre ist eine Beitragserhöhung dann wohl unvermeidlich.
Fazit für das kommenden Jahr
Gibt es auch gute Nachrichten für 2020? Nicht was eine Kostenersparnis für Patienten betrifft. Zwar ist es schon als sehr löblich zu bezeichnen, wenn Krankenkassen die regelmäßige Vorsorgeuntersuchung beim Zahnarzt finanziell belohnen, doch sollten sie dabei nicht den Anschein erwecken, dass ihre Versicherungsnehmer nun wesentlich mehr Geld in der Tasche haben. Das ist reine Augenwischerei.
In den ostdeutschen Bundesländer jedenfalls müssen sich die Patienten beim Thema „Vorbeugung“ nicht verstecken. Während der Westen beim regelmäßigen Zahnarztbesuch eher nachlässig ist, herrscht im Osten des Landes mehr Disziplin.
Zu dieser Aussage kommt jedenfalls die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) in einer aktuellen Studie. Während mehr als zwei Drittel der Sachsen und Sachsen-Anhalter mindestens einmal zur Vorsorge zum Zahnarzt gingen, waren es in Nordrhein-Westfalen und im Saarland nur um die 54 Prozent. Erstaunlich!
Die größten Zahnarztmuffel leben in Hamburg. Dort besuchten nur knapp 53 Prozent eine Zahnarztpraxis für die jährliche Routineuntersuchung.
Allgemein jedoch sinkt die Bereitschaft zur Vorsorge. Im Vergleich zum Jahr 2013 konnte man in allen Bundesländern ein leichtes Minus oder mindestens eine Stagnation verzeichnen.
„Sachsen-Anhalt, das Land der Frühaufsteher? Vermutlich ist an diesem Slogan doch was wahres dran. Stehen die Menschen hier in Halle, Magdeburg oder Dessau vielleicht deswegen etwas eher auf, um sich gleich den ersten Termin beim Zahnarzt sichern zu können?“, fügt Roger Barz, Inhaber der Praxis Zahngesundheit Halle und seit 2006 praktizierender Zahnarzt in der Stadt an der Saale, scherzhaft an. „Man weiß es nicht.“
Fotos: Matthias Vogel, Marco Warmuth, Roger Barz, Fotolia & Pixabay