Warum das Internet den Besuch beim Zahnarzt nicht ersetzt?
Ein Versteckspiel.
In den Zeiten vor dem Internet war es oftmals gar nicht so einfach, einen ärztlichen Rat zu bekommen. Man musste einen studierten Mediziner in seinem Bekanntenkreis kennen und verstrickte sich dann in komplizierten Stellvertreter-Geschichten: „Ich habe da einen Freund, der mir letzte Woche mal erzählte, dass er ständig dieses Brennen auf der Zunge hat. Weißt Du, was das sein kann?“ – Jeder halbwegs intelligente Arzt wusste natürlich sofort, dass es sich hierbei niemals um einen „Freund“ handelte.
Solche albernen Verrenkungen im sozialen Umfeld sind heute nicht mehr notwendig. Heute fragt man einfach „Tante Google“. Symptome eingeben, Enter-Taste drücken und fertig ist die Diagnose. Doch ist das wirklich eine gute Idee?
Eigentlich nicht!
Das zeigt auch unser kleines Video. Ein huscheliger Abend in der Küche. Alles bestens und alles harmonisch. Er macht brav den Abwasch. Sie surft im Internet. Wie dann ein harmloses Zahnfleischbluten und eine Recherche im Internet plötzlich eine tiefe Beziehungskrise auslösen kann, darf man hier schauen:
Trotzdem scheint in Deutschland das Googeln von Krankheiten ein wahrer Volkssport zu sein. Laut einer Bertelsmann-Studie befragen 58 Prozent der Bevölkerung das Internet vor und sogar 62 Prozent nach einem Arztbesuch. Man hat es hier scheinbar mit einem echten Phänomen zu tun.
Keine kalten Füße bekommen!
Doch dies tut niemandem gut. Genauso wenig wie man vor dem Gebrauch den Beipackzettel eines Medikamentes studieren sollte, so sollte man auch beim Auftreten von leichten Symptomen nicht unbedingt „Dr. Google“ befragen. Denn die Suche wird Sie eher in Panik versetzen als aufklären. Fallen doch hier die Ergebnisse oftmals sehr extrem aus.
Schnell werden dann aus kalten Füßen ein Diabetes, Nieren- oder Leberschäden oder gar ein ernstes Herzleiden. – Google spuckt als erstes immer die Grusel-Ergebnisse aus. Dabei dürfte manchmal ein heißes Fußbad oder das Hochdrehen der Heizung für eine nachhaltige Linderung sorgen.
Doch leider ist die allgemeine Psyche des Menschen so gestrickt, dass sich eher die schlechten Nachrichten dauerhaft im Gedächtnis verfestigen.
Dr. Google kann auch krank machen
Vielen ist der Placebo-Effekt ein gängiger Begriff. Es gibt aber auch genau das Gegenteil, den „Nocebo-Effekt“.
Aufgrund der häufig stark übertriebenen Suchergebnisse ist es möglich, dass Sie sich nach einer Recherche im Internet für wirklich krank halten, obwohl Sie es gar nicht sind.
Simple Symptome werden bei Google schnell zu tödlichen Krankheiten. Mit dem traurigen Ergebnis, dass Sie sich jetzt so richtig schlecht fühlen. Diese negative Erfahrung kann dann sogar zu einer Verschlimmerung der bestehenden Symptome führen oder auch komplett neue Symptome hervorrufen. Sie befinden sich nun in einem Teufelskreis, ohne Aussicht auf Heilung, wovon auch immer…
Der moderne Hypochonder
Mittlerweile haben Psychologen hierfür schon einen neuen Begriff gefunden, die sogenannte „Cyberchondie“ – wenn das Internet plötzlich keinen Spaß, sondern einfach nur krank und diffuse Ängste macht.
Doch soweit muss es nicht kommen. Auch, wenn es sehr verlockend scheint. Fortschritt tut nicht immer auch Ihrer Seele gut. Noch nie gab es so viele leicht zugängliche Informationen über Krankheiten.
Noch nie konnten Sie massenhaft Fachartikel von Experten herunterladen und noch nie in unzähligen Foren, die persönliche Leidensgeschichte von „vielleicht echten“ Patienten in Echtzeit verfolgen. Hier unser Rat: Lassen Sie einfach die abenteuerliche Click-Reise durch das World Wide Web: Gehen Sie nicht ins Internet, gehen Sie zum Arzt!
Jeder ist anders
„Grundsätzlich finden wir es gut, wenn sich Patienten vorab im Internet informieren.“, so Zahnarzt Roger Barz. „Egal ob es sich um eine Behandlung, eine Zahnzusatzversicherung, eine konkrete Spezialisierung oder Zahnersatz und die damit verbundenen Kosten handelt.
Doch grundsätzlich ist jede Problemstellung sehr individuell zu betrachten. Das dürfte vielen sicherlich klar sein. Gemeinsam mit unserem Team finden wir dann in einem ausführlichen Beratungsgespräch eine passende Lösung.
Das kann bereits in unserer Prophylaxe-Abteilung beginnen. Auch unser Zahnlabor ist in diesem Prozess sehr früh ein gebunden. Doch Grundvoraussetzung hierfür ist immer der Termin beim Zahnarzt und nicht der Klick im Internet.“, so der Inhaber der Praxis Zahngesundheit Halle.
Fotos: Matthias Vogel und Pixabay